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Den asiatischen Schwellenländern droht die „mittlere Einkommensfalle“, was ihr Wachstum erheblich gefährden würde, sollte die Region nicht wirksame Maßnahmen zur Förderung von Green Finance, Digitalisierung und verstärkter regionaler Zusammenarbeit anstoßen. Zu diesem Schluss kommt der Jahresausblick 2022 der Londoner Denkfabrik Asia House.
Dem Bericht zufolge hat die Politik in Asien noch keine reales Investitionsniveau erreicht, das eine nachhaltige Erholung von der Covid-19-Pandemie ermöglichen kann. Niedrigzinsen und Liquiditätsspritzen konnten zwar den Konsum ankurbeln und finanziellen Wohlstand schaffen, hätten aber kaum Auswirkungen auf die realen Investitionen, so der Bericht.
Der Internationale Währungsfonds (IWF) schätzt, dass die asiatischen Schwellen- und Entwicklungsländer in diesem Jahr voraussichtlich um 5,9% wachsen werden – das wäre das schnellste Wachstum weltweit. Bis 2050 sollen die asiatischen Volkswirtschaften mehr als 50% des globalen Bruttoinlandsprodukts (BIP) ausmachen. Das gelinge jedoch nur, wenn die Regierungen offensichtliche politische Lücken schließen, damit das Wachstumsniveau beibehalten werden kann, so der Bericht von Asia House.
„Asien befindet sich an einem wichtigen Scheideweg, denn seine Volkswirtschaften stehen vor dem Übergang zu einem höheren Einkommensniveau, mehr Innovation und größerer Widerstandsfähigkeit“, heißt es in dem Bericht der Denkfabrik.
Um diese langfristige wirtschaftliche Widerstandsfähigkeit und das Wachstum zu erreichen, hat Asia House eine „Triple Policy Challenge“ identifiziert: Die Region muss sich mit Green Finance, Digitalisierung und verbesserter regionaler Koordination befassen.
Green Finance als Erfolgsrezept für die asiatischen Schwellenländer
Für Green Finance müssen die Länder in der Region ein historisches Niveau an koordinierten öffentlichen und privaten Investitionen erreichen, um die Verpflichtungen des Pariser Abkommens zu erfüllen, heißt es in dem Bericht weiter.
Das Weltwirtschaftsforum definiert Green Finance als „jede strukturierte Finanzaktivität, die geschaffen wurde, um ein besseres Umweltergebnis zu gewährleisten.“ Ein Beispiel für Green Finance sind grüne Anleihen. Es wird erwartet, dass der Markt bis 2023 ein Volumen von 2,36 Bio. USD erreichen wird. China gehört zu den drei größten Emittenten grüner Anleihen der Welt.
Nach Schätzungen von Ökonomen ist der Bedarf an Green Finance in der Region beträchtlich: Zwischen 2016 und 2030 werden demnach rund 26 Bio. USD benötigt, um das Wachstumsniveau zu halten, die Armut zu beseitigen und auf den Klimawandel zu reagieren. Zugang und Verteilung von Green Finance ist in Asien jedoch nach wie vor ungleich verteilt.
Die Regierungen müssten sich mit dem Thema befassen und ein Investmentsklima schaffen, in dem Green Finance zum Mainstream wird und floriert, so die Denkfabrik Asia House in ihrem Bericht. Den Zentralbanken in der Region wird empfohlen, Nachhaltigkeitsziele bei der Formulierung ihrer geldpolitischen Mandate zu berücksichtigen und Klimarisiken in ihren Bewertungsprozess einzubeziehen. Derzeit haben nur 12% der Zentralbanken ein ausdrückliches Nachhaltigkeitsmandat. Da der Bankensektor Green Finance Projekte nicht allein finanzieren kann, müssten die Regierungen Nichtbank-Finanzinstitute, durch Anreize zur Beteiligung bewegen.
Förderung von Industrie 4.0 für nachhaltiges Wachstum
Zudem müsse die Region ihren digitalen Erfolg ausbauen, so Asia House. Asien ist bereits führend bei digitalen Innovationen, müsse den Schwerpunkt jedoch auf größere und diversifiziertere Digitalsierung legen. „Asien kann weiterhin digital aufrüsten, zur Unterstützung des Klimawandels und der Digitalisierung an den Agrar-, Finanz- und Energiemärkten“, laut dem Bericht.
Die Förderung von Industrie 4.0, Automation, KI, Cloud Computing usw. in der Produktion – gepaart mit digitaler Umschulung und Wissensverbreitung – sei laut Asia House notwendig, um das Wachstums Asiens zu sichern und die mittlere Einkommensfalle zu vermeiden. Die Denkfabrik empfiehlt zudem, digitale Handelsabkommen zu beschleunigen und digitale Technologien wie digitale Währungen auszubauen.
In dem Bericht hat die Denkfabrik auch erstmals Indizes für die „wirtschaftliche Reife“ („economic readiness“) für Green Finance und Digitalisierung erstellt. Sie berechnen verschiedene makroökonomische Kennzahlen und bewerten jedes Land mit einer Punktzahl bis zu 100. Zu den einbezogenen Ländern gehören China, Indien, Indonesien, Japan, Malaysia, die Philippinen, Thailand und Vietnam.
China führt beide Listen mit jeweils 72 Punkten an, so die Analyse. „Chinas Markt für Green Finance Anleihen ist schnell gewachsen und hat im letzten Jahr einen neuen Rekord aufgestellt“, so Asia House. Japan belegte in beiden Indizes den zweiten Platz mit 63 Punkten für Green Finance und 59 Punkten für Digitalisierung.
Indien hatte die dritthöchste Punktzahl bei Green Finance, aber die niedrigste bei der Digitalisierung. Thailand und die Philippinen lagen in beiden Indizes auf den letzten Plätzen.
Auch wenn die Förderung des Wirtschaftsaufschwungs für die meisten asiatischen Volkswirtschaften nicht leicht wird, kommt Asia House zu dem Schluss, dass es für die Region weiterhin wichtig ist, zusammenzuarbeiten. „Auf regionaler Ebene muss die pragmatische Koordinierung viel konkreter werden, um Finanzmittel für den Aufbau von Widerstandsfähigkeit gegen wirtschaftliche Schocks und für die Bewältigung der Klimakrise zu mobilisieren.“
