Ein weiteres chinesisches Technologieunternehmen geht an die Börse: Xiaomi setzt auf günstige Smartphones für die globale Expansion. Bei der Börsenbewertung sieht das jedoch anders aus. Das chinesische Technologieunternehmen setzt große Erwartungen in seinen Aktienkurs. Die Xiaomi Aktie steht kurz vor dem Listing an der Börse in Hongkong. Als Internetunternehmen, das Hardware herstellt und Handelsfilialen anbietet, hat das acht Jahre alte Start-up die chinesischen Wertpapieraufsichtsbehörden mit seinem Geschäftsmodell verwirrt.
Nur eine Woche bevor Xiaomi seinen Börsengang in Höhe von 4,7 Mrd. USD bekannt gab, stellte die chinesische Börsenaufsicht 84 Fragen an das Unternehmen. Im Kerne ging es darum, warum sich Xiaomi als Internetunternehmen bezeichne, obwohl doch der Großteil seiner Einnahmen aus dem Verkauf von Hardware stamme. Xiaomi reagierte nicht wie gewünscht innerhalb von 30 Tagen. Das Unternehmen verwarf den geplanten Verkauf von chinesischen Depositary Receipts (CDR) und entschied sich stattdessen für ein Listing in Hongkong.
Xiaomi Aktie soll als Internetwert wahrgenommen werden
Die in Peking ansässige Xiaomi setzte ihren endgültigen Aktienkurs auf 17 HKD (2,20 USD) fest, am unteren Ende der vorgeschlagenen Preisspanne. Das bewertet Xiaomi mit 54 Mrd. USD, ist jedoch nur die Hälfte dessen, was bisher erwartet wurde. Doch der Rückschlag bei der Gewinnung von Investoren hielt Lei Jun, Xiaomis Milliardär-Gründer, nicht davon ab, große Ambitionen zu hegen. Xiaomi sieht er gar als „neue Art von Technologieunternehmen“, das mit nichts vergleichbar ist.
Im ersten Quartal 2018 war Xiaomi nach Apple, Samsung Electronics und Huawei der viertgrößte Smartphone-Hersteller der Welt. Gegründet 2010, eroberte Xiaomi mit seinen günstigen, aber hochwertigen Mobiltelefonen in kürzester Zeit China im Sturm.
Xiaomi produziert und verkauft auch Elektroartikel und Lifestyle-Produkte, von Reiskochern und Luftreinigern bis hin zu Sonnenbrillen und Rucksäcken, über das Internet. Darüber hinaus erzielt das Unternehmen Umsätze mit Dienstleistungen und Werbung auf seinen Mobil- und Internetplattformen.
Xiaomi IPO: alles dreht sich um die Bewertung
Der Anteil der Smartphone-Verkäufe am Umsatz von Xiaomi betrug im Jahr 2017 70,3%, während die Internetdienste 8,6% ausmachten. Xiaomi erklärt, dass man das Geschäft nicht auf Hardware-Verkäufen aufbauen will. Nur wenige Hersteller erreichen mit Hardware eine Nettogewinnmarge oberhalb von 5 %.
Stattdessen setzt Lei, den chinesische Medien gerne Chinas Steve Jobs nennen, seine Hoffnungen auf Xiaomis Internetdienste. Er rechnet damit, dass Nutzer verstärkt für Online-Dienste wie Musik, Finanzdienstleistungen und Video-Streaming mit dem firmeneigenen Android-basierten Betriebssystem MIUI bezahlen. In diesem Geschäft liegt die Bruttomarge von 60,2 %. Das ist ein drastischer Unterschied gegenüber 8,8 % bei Smartphones.
Im März hatte MIUI monatlich 190 Millionen aktive Nutzer, die im Durchschnitt 4,5 Stunden pro Tag mit ihren Smartphones verbrachten. Aber die Monetarisierungsrate des Unternehmens liegt unter der anderer Internetunternehmen. Xiaomi erwirtschaftete mit jedem seiner Online-Nutzer jährlich 9 USD, verglichen mit 34,50 USD für Tencent Holdings und 20,20 USD für Facebook. Dieser Wert ist jedoch zuletzt gestiegen.
Xiaomi inzwischen in mehr als 70 Ländern aktiv
Einige Analysten hegen Zweifel, ob Xiaomis internetbasiertes Ertragsmodell durch die aggressive Expansion in weniger entwickelte Länder außerhalb Chinas aufgeht. Menschen in Schwellenländern seien nicht zurückhaltend bei den Hardware-Ausgaben, sondern auch bei der Nutzung von Inhalten und Medien.
Xiaomi sieht sich beim Export des eigenen Geschäftsmodells diversen Hürden gegenüber. Zwar sind die Chinesen in Indien mit einem Marktanteil von 31,1% Marktführer. Im März hatte man Samsung als größten Anbieter von Smartphones abgelöst. Doch die Einführung von Online-Diensten wie Mi Credit, einer Kreditplattform, und Mi Music, einem Streaming-Service, verzögert sich.
Xiaomi Produkte werden inzwischen in mehr als 70 Ländern und Regionen verkauft, hauptsächlich jedoch in Entwicklungsländern. Seit letztem Jahr hat Xiaomi in europäische Märkte expandiert. In Spanien, Frankreich und Italien wurden Mi-Stores eingerichtet, die an Apple-Stores erinnern. Zudem verkauft Xiaomi auch Smartphones über lokale Anbieter in anderen Ländern.
Xiaomi Aktie höher als Apple bewertet
Xiaomi verzeichnete im ersten Quartal dieses Jahres einen Anstieg seines Anteils am weltweiten Smartphone-Markt auf 8,4%. Im gleichen Zeitraum 2017 waren es 4,3%. Unterdessen stieg das Absatzvolumen um 87,8% auf 27,8 Mio. Einheiten. Im vergangenen Jahr war Xiaomi Chinas beliebtester Smartphone-Produzent, gemessen am Marktanteil.
Analysten beschäftigen vor allem Fragen zur Rentabilität von Xiaomi. Mit Hardware-Produkten – darunter Smartphones, TV, Drohnen, Smart Watches und Kopfhörer – hatte das Unternehmen 2017 eine Bruttomarge von 8,7%. Diese fiel jedoch in den ersten drei Monaten 2018 auf 7%. Der IPO-Preis wird angesichts dessen vom Markt als hoch eingeschätzt.
Das Konsortium von Goldman Sachs, Morgan Stanley und weiteren Banken, die den Börsengang organisieren, haben Bewertungsmaßstäbe eines Internetunternehmens an Xiaomi angelegt. Auf Basis des aktuellen Kurses ergibt sich ein Kurs-Gewinn-Verhältnis von 22,7 für 2019. Die Xiaomi Aktie hat damit ein höheres Multiple als es Apple erreicht. Lediglich der chinesische Internetkonzern Tencent liegt mit einem geschätzten Kurs-Gewinn-Verhältnis von 28,9 für 2019 höher.
Preis für Xiaomi Aktie am unteren Ende
Der Preis für den Börsengang lag am Freitag bei 17 HKD (2,17 USD) pro Aktie. Das bringt Xiaomi 4,7 Milliarden USD ein. Das Unternehmen hatte zuvor eine Preisspanne von 17 bis 22 HKD für die rund 2,18 Mrd. Aktien festgelegt. Dies verleiht dem Unternehmen eine Bewertung von etwa 54 Mrd. USD. Das liegt weit unter den ursprünglich angepeilten 100 Mrd. USD.
Analysten benennen für das schwache Abschneiden eine Reihe von Gründe. Dazu zählt die Verzögerung des chinesische CDR-Angebots, aber auch die jüngst negative Stimmung der Finanzmärkte. Der befürchtete Handelskrieg zwischen den USA und China kommt für Xiaomi denkbar ungünstig.