Nachdem China die Veröffentlichung seiner Wirtschaftsdaten für das 3. Quartal zunächst verzögert hatte, überraschte die Volksrepublik jetzt doch mit einem positiven Wachstum des Bruttoinlandsprodukts (BIP). Im Juli-September-Quartal wuchs Chinas Wirtschaft um 3,9%, Marktteilnehmer hatten laut ING eine Konsensprognose von 3,3% BIP-Wachstum für das Quartal erwartet.
Die BIP-Zahl liegt weit über dem im zweiten Quartal verzeichneten Wachstum von 0,4%, aber immer noch unter dem Ziel der chinesischen Regierung von 5,5 %.
Was hat das BIP-Wachstum in China begünstigt?
Das Wirtschaftswachstum in dem am 30. September zu Ende gegangenen Quartal wird den flexiblen Covid-19-Maßnahmen zugeschrieben, nachdem Schanghai, ein wichtiges Industriezentrum, über weite Strecken des vorangegangenen Quartals im Lockdown war.
Die Informations- und Softwaretechnologie verzeichnete mit einem Wachstum von 7,9% im Jahresvergleich den größten Sprung, während die Finanzdienstleistungsbranche im Jahresvergleich um 5,5% wuchs. Der Immobiliensektor, der die Wirtschaft stark belastet hat, schrumpfte im Jahresvergleich um 4,2%, was auf ins Stocken geratene Projekte und schwache Aktivitäten in diesem Sektor zurückzuführen ist.
Der Industriesektor übertraf die Erwartungen und wuchs im September um 6,3% gegenüber dem Vorjahr und übertraf das Wachstum vom August von 4,2%. Die Nachfrage blieb jedoch weiterhin schleppend, die Einzelhandelsumsätze stiegen im September um 2,5%, verglichen mit dem Wachstum von 5,4% im August.
“Es scheint unwahrscheinlich, dass sich die Wirtschaft noch lange auf diesen Wachstumsmotor (Industrie) verlassen kann. Schließlich haben die erfassten neuen Exportaufträge ihren Abwärtstrend wieder aufgenommen, und die weltweite Nachfrage nach Industriegütern dürfte sich in den kommenden Monaten deutlich abschwächen, da die hohe Inflation und die steigenden Zinsen die Nachfrage abwürgen”, sagt David Rees, Senior Economist Emerging Markets bei Schroders. Die Investmentgesellschaft geht davon aus, dass Chinas BIP-Wachstum in diesem Jahr bei 3,3% und im nächsten bei 5% liegen wird.
Der International Währungsfonds erwartet, dass das chinesische BIP im Jahr 2022 um 3,2% wachsen wird, während die Weltbank davon ausgeht, dass die Wirtschaft in diesem Jahr lediglich um 2,8% wachsen wird. Dies stellt eine deutliche Verlangsamung gegenüber dem Wachstum von über 8% dar, das China im Jahr 2021 verzeichnete.
Obwohl der wirtschaftliche Aufschwung die Stimmung der Anleger in China verbessern sollte, erlebten die Märkte am Montag einen der größten Einbrüche in diesem Jahr. Ausländische Anleger nahmen zur Kenntnis, dass Präsident Xi Jinping für eine dritte Amtszeit bestätigt wurde und zogen am 25. Oktober in Rekordtempo Geld ab. Xis jüngste Rede auf dem 20. Parteitag der Kommunistischen Partei Chinas und das neu ernannte Führungsgremium deuten darauf hin, dass politische Entscheidungen dem Wirtschaftswachstum vorgezogen werden könnten.
Chinas Wirtschaft sieht sich mit vielfältigem Gegenwind aus dem Inland und aus dem Ausland konfrontiert. Die Null-Covid-Strategie hat das verarbeitende Gewerbe und die Verbrauchernachfrage gelähmt, der Immobiliensektor ist noch immer nicht über den Berg, und die steigende Inflation und eine weltweite Konjunkturabschwächung werden die Wirtschaft wahrscheinlich weiter belasten.