Die Asien-Analysten von Fidelity International kommen zum Ergebnis, dass die asiatische und vor allem die chinesische Wirtschaft unerwartet schnell wieder an Fahrt gewinnen könnte. Schneller als erwartet erholen sich die Technologieausrüster, die Chemie- und Halbleiterbranche.
In China und den angrenzenden Ländern nehmen die Aktivitäten in Fabriken, Häfen und Logistikzentren wieder Fahrt auf. In einigen Segmenten operieren die Unternehmen sogar bereits wieder auf Vorkrisenniveau. Bremsspuren gibt es allein in der Lieferkette zwischen China und Südkorea, während die ASEAN-Staaten ohnehin kaum von chinesischem Lockdown betroffen waren.
Aktuell sind die Sortierzentren der Expresszusteller zu 90 Prozent ausgelastet. Auch bei Reedereien zeichnet sich ab, dass die innerasiatischen Handelsrouten wieder ihre Kapazitäten hochfahren.
Schneller als erwartete Erholung in der Chemiebranche und bei Technologieausrüstern
Führungskräften der chemischen Industrie zufolge verläuft die Erholung in China viel schneller als erwartet, so dass die Produktion inzwischen wieder mit nahezu normaler Kapazität arbeitet. Auch die Hersteller von Smartphones und Halbleiter sind auf dem besten Weg, bis Ende März wieder 90 Prozent ihrer üblichen Auslastungsraten zu erreichen, ausgehend von unter 70 Prozent Mitte Februar.
Die eng verwobenen asiatischen Technologieausrüster erholen sich derzeit vor allem dank der steigenden Nachfrage aus China. So sind die Investitionen in 5G nach den in den letzten Wochen durchgeführten Ausschreibungen für Ausrüstungen weiterhin robust. China Mobile plant beispielsweise die Errichtung von über 232.000 5G-Basisstationen und die Ausweitung der Abdeckung auf 28 Regionen in ganz China. Die chinesische Regierung nutzt dies auch als konjunkturelle Stimulierungsmaßnahme und zur Unterstützung von Komponentenherstellern. Last but not least sind auch die Verkäufe von Smartphones im März im Vergleich zum Vorjahr gestiegen.
Neuordnung von Lieferketten in Asien
Die Verschärfung der Reisebestimmungen einiger Länder wird eine Neuordnung von Lieferketten zur Folge haben. Beispielsweise haben die Philippinen alle Bewegungen von und zur Hauptinsel Luzon, wo Samsung einige Back-End-Speicher-Verpackungseinrichtungen hat, rigide beschränkt. Eine Folge kann sein, dass Kapazitäten nach China und Korea verschoben werden.
In der Diskussion steht auch eine Neuordnung von Pharmalieferketten. Hintergrund sind die großen Anteile des Krankenhausbedarfs und der Medikamente, die derzeit von Asien nach Europa und in die USA geliefert werden. Tendenziell scheint die Abhängigkeit aber weniger folgenreich als vielfach dargestellt zu sein. So drosselte Indien beispielsweise nur die Exporte weniger Medikamente, die in Indien selbst knapp waren. Zudem ist China ein Schlüsselexporteur von medizinischen Hilfsmitteln wie Masken und Schutzkleidung. Immer mehr Stimmen in den USA und der EU fordern ihre heimische Produktion auf, einzugreifen und die Abhängigkeit von diesen Lieferanten zu verringern. Sinnvoller wäre es allerdings, die Vorräte aufzustocken und nicht die gesamte Lieferkette wieder zu verlagern. Diese Lieferungen sind relativ billig und arbeitsintensiv in der Produktion, weshalb die Lieferketten überhaupt erst nach Asien verlagert wurden.
Infolge der Unsicherheit werden die Kapitalmärkte noch einige Zeit volatil bleiben. Die Zeichen aus China bieten allerdings in der Zwischenzeit einen gewissen Grund zur Ermutigung.
Der Gastbeitrag ist in Zusammenarbeit mit den folgenden Fidelity-Analysten entstanden: Peter Carter, Casey McLean, Terence Tsai, Samuel Thomas, George Gould, James Richards, Yuanlin Lang und Mohit Mandhana.