Die ausländischen Direktinvestitionen (ADI) in China sind im ersten Quartal dieses Jahres im Vergleich zum Vorjahr um 56% eingebrochen, wie aus offiziellen Daten hervorgeht. Demnach investierten ausländische Unternehmen im Zeitraum Januar bis März 10,3 Mrd. USD in den chinesischen Fabrikbau und andere Projekte, so die letzte Woche von der staatlichen Devisenbehörde veröffentlichten Daten.
Dieser Rückgang ist Teil eines umfassenderen Trends. Seit dem zweiten Quartal 2022 sind die ausländischen Direktinvestitionen in China drastisch zurückgegangen. Im Jahr 2023 beliefen sich Chinas Netto-Direktinvestitionen auf 33 Mrd. USD, was einem Rückgang von 80% gegenüber dem Vorjahr und weniger als 10% gegenüber dem Höchststand von 344 Mrd. USD im Jahr 2021 entspricht.
UBS Asset Management hat diesen Trend und seine Auswirkungen auf die chinesische Wirtschaft in einem aktuellen Bericht analysiert. Laut Hayden Briscoe, Head of APAC Multi-Asset Portfolio Management bei UBS, sind die direkten Auswirkungen der ADI-Abflüsse auf das chinesische Wirtschaftswachstum minimal, da ADI weniger als 5% der gesamten Investitionen des Landes ausmachen. Chinas gut entwickeltes und relativ «geschlossenes» Bankensystem verringere seine Abhängigkeit von ausländischer Liquidität für die Entwicklung.
Die Bedeutung der ausländischen Direktinvestitionen geht jedoch über den finanziellen Zufluss hinaus. «Sie bieten einen Kanal, über den internationales Branchenwissen und Erfahrungen mit China geteilt werden. Ausländische Investitionen bringen bewährte Praktiken und Marktdisziplin mit sich, die chinesischen Unternehmen helfen können, auf den globalen Märkten zu konkurrieren. Die Vorteile gehen über Geld hinaus», meint Briscoe.
Eine Vorhersage über das Wiederaufleben ausländischer Direktinvestitionen ist schwierig, aber einige Bedingungen, die zum letztjährigen Abschwung beigetragen haben, beginnen sich zu ändern, so der Head of APAC Multi-Asset bei UBS.
Er weist darauf hin, dass das chinesische regulatorische Umfeld mit einer unterstützenden Steuer- und Geldpolitik wachstumsfreundlicher wird. «Dieser Richtungswechsel kann langsam erscheinen und wird einige Zeit in Anspruch nehmen, aber er dürfte eine potenzielle Erholung der Wirtschaft und der Märkte – und letztlich auch ausländische Investitionen – unterstützen», fügt Briscoe hinzu.
Außerdem habe sich das angespannte Verhältnis zwischen China und den USA etwas entspannt, was sich positiv auf grenzüberschreitende Investitionen auswirken könnte. Briscoe verweist auch auf den Nahen Osten, insbesondere die Länder des Golf-Kooperationsrates (GCC), als potenzielle neue Kapitalquelle zur Überbrückung der ADI-Lücke. Es wird erwartet, dass die Intensivierung der diplomatischen Beziehungen und der Handelsströme zwischen China und den GCC-Ländern zu einem Anstieg der Investitionen führen wird.
«Wir sind ermutigt durch die Zusage der Regierung, einige Schritte zu unternehmen, um es ausländischen Unternehmen zu erleichtern, in China zu investieren. Ob es gelingt, das Vertrauen und den Kapitalfluss wiederherzustellen, müssen wir abwarten», so Briscoe abschließend.